Mehr als Worte: Ob und wie man einen Text versteht, hängt von vielen Faktoren ab. Sie können im Text selbst liegen, aber auch in der Situation, in der gesprochen wird. Verschiedene Textformen stellen zudem unterschiedliche Anforderungen an ihre Sprecher. Das kann man jahrelang studieren - hier schreibt Susanne Ullrich (Referentin bei der Redaktionenkonferenz 2012) nur ein paar Zeilen als Denkanstoß.
Kommunikationstheorie: Das Vier-Ohren-Modell
Die Stimme eines Menschen nehmen wir über die Ohren auf, doch psychologisch ordnen wir die Informationen automatisch in unterschiedliche Bereiche nach folgendem Muster ein:
- Sachinformation und
- Beziehungsinformation, die zusätzlich die Ebenen
- Appell und
- Selbstoffenbarung enthält.
Oftmals überdeckt in angespannten Situationen ein sogenannter „Beziehungsnebel“ die reine Sachinformation, mit der Folge, dass beim Hörer nur ein Bruchteil der eigentlichen Information ankommt.
TIPP: Überprüfen Sie Ihre innere Bereitschaft, frei von negativen Emotionen die Texte vorzulesen. Sie müssen mit Freude lesen wollen.
Was ist Verständlichkeit?
Informationstexte unterscheiden sich voneinander vor allem in vier Dimensionen der sprachlichen Gestaltung:
1. Einfachheit (Verzicht auf umständliche Textstruktur)
2. Gliederung, Ordnung (Verwendung einer logisch nachvollziehbaren Struktur)
3. Kürze, Prägnanz (Verzicht auf Unwichtiges)
4. Stimulanz (Menschen brauchen, um Interesse zu erwecken, einen persönlichen Bezug. z.B. Authentizität, Klang der Stimme, Eindringlichkeit der Ansprache oder Wiedererkennung)
TIPP: Gute Pressetexte folgen den Regeln der Verständlichkeit und lassen sich deshalb leichter vorlesen. Ob das Gelesene verständlich ist, können nur Zuhörer beurteilen. Bitten Sie Zuhörende um eine Beurteilung.
Unterschiedliche Formen von Pressetexten
Alle journalistischen Texte sind in der Regel durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
- Inhalt ist von öffentlichem Interesse
- Nennung ausschließlich überprüfbarer Fakten, ohne persönliche Wertung
- Wörtliche Rede (Meinung) muss als Zitat gekennzeichnet werden
- Inhalt muss die „Fünf-W-Fragen“ beantworten (wer, was, wann, wo, weshalb)
Pressetexte werden in drei Bereiche eingeteilt, wobei die Grenzen oft fließend sind:
- Tatsachenbetonte, referierende Formen: z.B. Nachricht, Bericht, Meldung, Reportage, Feature, Interview, Dokumentation
- Meinungsbetonte, oft politische Formen: z.B. Leitartikel, Kommentar, Glosse, Kolumne, Porträt, Kritik, Essay
- Phantasiebetonte Formen: z.B. Feuilleton, Zeitungsroman, Kurzgeschichte, Gedicht
TIPP 1: Grundsätzlich werden die Texte des ersten Bereiches mit hoher Neutralität gesprochen, wie es bei Nachrichtensprechern üblich ist. Trotzdem muss der Sprecher den Spagat beherrschen, etwas von seiner Persönlichkeit zu zeigen. Wer zu distanziert spricht wirkt schnell langweilend.
TIPP 2: Texte des zweiten Bereiches können beim Vortragen persönlich deutlicher gefärbt werden. Die eigene Haltung zum Textinhalt darf sichtbar sein und Gefühle werden leichter übertragen.
TIPP 3: Texte des dritten Bereiches zählen eher zu den Kunstformen. Diese Texte können ganz persönlich und individuell gestaltet werden, je nach dem Empfinden des Vortragenden und der Zuhörerschaft. Vergleichbar ist der Vortrag mit einer Lesung, die professionelle Schauspieler anbieten oder einem Hörbuch, auf welchem ein ausgebildeter Sprecher zu hören ist.